(011) Poliphili Hypnerotomachia
Beteiligte
Aldo Pio Manuzio Drucker
Datierung
1499 Ausführung
Geographischer Bezug
Venedig Herstellungsort
Maße
31 x 45 geöffnet (HxBxT)
Erwerb
Erworben aus Privatbesitz, 1884
Inventarnummer
K 462 4°
Standort
Aktuell nicht ausgestellt
Objektsystematik
Zeichnung, Buch, Einband, Druckgrafik und Typographie > Buch
Schlagwortkette
Sammlung
Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:
Das berühmteste gedruckte Buch der italienischen Renaissance – schön und rätselhaft bis heute
Das Jahr 1884 führt uns zum schönsten illustrierten Buch der italienischen Renaissance? Ja, diese Einschätzung findet man in der Literatur, oft auch mit dem Zusatz: Eines der schönsten Bücher der europäischen Druckgeschichte!
Ausgangspunkt der Wertschätzung ist das Buch selbst: Seine überraschende typographische Gestalt, das Zusammenspiel von Text und Holzschnittillustration, die großzügige Gestaltung mit breitem Abstand vom Satzspiegel zu den Rändern und dem Falz sowie die Schrifttype. Die hier abgebildete Doppelseite zeigt dies eindrucksvoll.
Ein Band aus dem Jahr 1499 gehört zum frühen Buchdruck, sozusagen als das Drucken in der Wiege lag – lateinisch: incunabula. Man spricht deshalb von Wiegendrucken oder Inkunabeln. Die „Hypnerotomachia Poliphili“ wurde im vorletzten Jahr der Inkunabelzeit gedruckt, die bis zum 31. Dezember 1500 reicht.
Auch der komplexe, das humanistische Wissen der Zeit versammelnde Inhalt und die Sprache – eine Mischung aus römischem Italienisch, Latein, Neubildungen aus verschiedenen Sprachwurzeln, Hebräisch, Arabisch und Griechisch – haben zur Faszination beigetragen. So ist der Titel „Hypnerotomachia Poliphili“ ein Kunstwort aus griechischen Bestandteilen, der hier genannte Name des Protagonisten muss auch metaphorisch gelesen werden.
Sammlungsgeschichtlich ist relevant, dass dieses Werk 1884 eine Schenkung von 27 Leipziger Buchhändlern war – diese hatten wegen der im Einband vermerkten äußerst bedeutenden Provenienz einen hohen Preis zu zahlen gehabt. Ein reichliches Jahrzehnt später wurde dieser Herkunftsnachweis jedoch als (Ver-)Fälschung erkannt. 1930 wurde das oft benutzte kostbare Werk leihweise in die Vitrinenausstellung der Stadtbibliothek gegeben. In der Sammlung Buchkunst des GRASSI Museums für Angewandte Kunst nimmt der „Traumliebeskampf des Poliphili“ bis heute einen besonderen Platz ein.
Eberhard Patzig, 68 Jahre, stv. Vorsitzender des Leipziger Bibliophilen-Abend und ehem. Leiter der Fachbibliothek und der Grafischen Sammlung des GRASSI Museums für Angewandte Kunst Leipzig
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