(102) Ansteckschmuck "Elektronik"

Beteiligte

Ulrike und Thomas Oelzner Ausführung

Datierung

1975 Ausführung

Geographischer Bezug

Leipzig Ausführungsort

Material / Technik

Silber, elektronische Kleinteile, Piacryl

Maße

7 cm (Durchmesser)
2,4 cm (Höhe)

Erwerb

Erworben von den Künstlern, 1976.

Inventarnummer

1976.56

Standort

Ausstellung Jugendstil bis Gegenwart > Erdgeschoss > 1940er bis 1970er Jahre

Objektsystematik

Schmuck > Brosche

Schlagwortkette

DDR-Design; Schmuck

Sammlung

Kunsthandwerk und Design ab Historismus

Seit den 1960er Jahren entwickelten viele Goldschmiede ein zwiespältiges Verhältnis zum Gold, das Materialismus und konservative Bürgerlichkeit symbolisierte. Neue Kunststoffmaterialien waren daher als Alternative sehr willkommen. Die Brosche „Elektronik“ widerspiegelt eine völlige Abkehr vom traditionellen Schmuckverständnis, besteht sie doch aus elektronischen Kleinteilen, wie beispielsweise Widerständen, Kondensatoren, einem Transistor und einem Schwingkreis. In der Tradition des Objet trouvé fügen die Leipziger Ulrike und Thomas Oelzner (beide *1939) diese an sich billigen Artikel zu einer harmonischen Komposition auf rundem Untergrund zusammen. Dabei steigern sie die technoide Ästhetik der Teile durch die Verschmelzung mit Acryl und edlem Silber. Thomas Oelzner lernte das Goldschmiedehandwerk zuerst bei Alfred Schäfter, ab 1960 studierten er und seine Frau gemeinsam bei Karl Müller an der Burg Giebichenstein. Seit Mitte der 1970er Jahre haben sie sich jedoch verstärkt in der Studioglasbewegung engagiert und in der Hauptsache Glasplastiken geschaffen.

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Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:

Der Anstecker bringt mich gleich wieder zurück in die Zeit der DDR, als man noch versuchte, trotz Mangel an vorhandenem Material etwas Schönes zu gestalten. Heute würde man es wohl Upcycling nennen, also einem ausgedienten Gegenstand einen neuen Zweck verpassen.
Hier ist es die Kombination aus ausgedienten elektronischen Bauteilen, die selbst eine interessante Form und Farbe aufweisen, den kühlen und klaren Farben und Formen der silbernen Unterlage und den Bauteilen aus Acryl. Es erinnert wieder an eine ästhetisch gestaltete Leiterplatte aus einem alten Radio. Ob Mann oder Frau es gern als Anstecker am Kleid oder Jackett getragen hätte – wer weiß? Es hätte wohl zumindest als Einstieg in einen kleinen Smalltalk dienen können – zum Beispiel beim Besuch in der Oper. Die später als Glaskünstler gefeierten Goldschmiede Ulrike und Thomas Oelzner hatten mit dieser Gestaltung der Brosche vielleicht genau das im Sinn, nämlich mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Oder vielleicht war es auch einfach Broterwerb, um mit relativ einfachen Mitteln modischen Schmuck zu entwerfen, für den es ja auch in der damaligen DDR einen Bedarf gab. So fallen mir auch heute noch Freunde ein, die zur damaligen Zeit aus allerlei möglichen Materialien Schmuck für den eigenen Bedarf oder zum privaten Verkauf herstellten. Das konnten Fahrradschläuche, Fahrzeugteile aus Aluminium oder aber auch Naturmaterialen wie Federn und Steine sein. Warum nicht, es stand und steht auch heute meist noch kostenlos zur Verfügung.

Thilo Götz , 57 , Sammler

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