(054) Meditierender Bodhisattva

Beteiligte

kein Eintrag

Datierung

Ming-Dynastie, 15./16. Jahrhundert Ausführung

Geographischer Bezug

China Ausführungsort

Material / Technik

Eisen, gegossen; Grundierungs- und Fassungsreste

Maße

79 cm (Höhe)
39 cm (Tiefe)
54,5 cm (Breite)

Erwerb

Ankauf 1926.

Inventarnummer

1926.131

Standort

Ausstellung Asiatische Kunst. Impulse für Europa > Empore Pfeilerhalle

Schlagwortkette

Buddhismus

Sammlung

Ostasien (Asiatische Kunst)

Über mehrere Jahrhunderte erhielt sich in China eine besondere Gusstechnik zur Herstellung meist buddhistischer Kultplastiken, was deshalb mit einem kaum wahrnehmbaren Stilwandel verbunden war. Seine Blütezeit hatte dieses ungewöhnliche Verfahren während der Ming-Dynastie (1368–1644). Ein „Ur-Modell“ überzog man mit einer genügend dicken Tonschicht, die man in noch feuchtem, lederartigem Zustand mit dem Messer in mehrere Teile zerschnitt, von der Figur löste und dann brannte. Aus diesen schalenförmigen Modeln konnte man durch größere oder kleinere Veränderungen, wie durch das Aufsetzen unterschiedlicher Köpfe, das Austauschen des Kopfschmuckes und der Handhaltungen, immer neue Kultstatuen schaffen. An dieser Figur ist der Unterschied zwischen dem altertümlicheren flachen Körper, der vom Gewand her eher einem Buddha zuzuordnen ist, und dem in einem jüngeren Stil weicher modellierten Bodhisattvakopf auffallend. Zu erkennen sind noch die Gussnähte zwischen den einzelnen Teilen, die ursprünglich unter der Grundierung und Farbfassung kaum noch zu sehen waren. Das hohe Diadem fehlt. (Text: Roland Steffan)

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Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:

Ein Buddha aus Eisen. Ja, aus Eisen. Wieso ist er nicht aus Bronze? Und es ist auch kein Buddha sondern ein Boddhisattva, also einer, der erst noch ein Buddha werden will, die Erleuchtung erlangen.
1926 ist er in die Sammlung gekommen, zu einer Zeit als die China- bzw. Ostasienmode auf einem ersten Höhepunkt war. Erste große Ausstellungen in London, Paris und Berlin in den 1920er Jahren machten das breite Publikum mit der frühen ostasiatischen Kultur bekannt, nachdem bereits vor allem die Holländer seit dem 17. Jahrhundert viel chinesisches Porzellan nach Europa brachten.
Warum hat das Museum die Figur angekauft? War sie billig? Quasi ein Schnäppchen? Sonderlich attraktiv ist sie nicht. Angerostet, nicht ganz komplett, ohne Fassung, die Gussnähte sieht man deutlich. Wie ungleich schöner sind die herrlichen buddhistischen Figuren aus Bronze, vergoldet, mit Edelsteinen eingelegt, die man kennt und die sofort vor dem geistigen Auge erscheinen. Die Oberflächen schimmern und funkeln, gegossene Details beeindrucken durch die phantastische Gusstechnik. Und dann dieses dreckigbraune Eisending!
Weil sie etwas besonderes ist? Weil sie so unperfekt ist? Konnte man die Figur damals schon richtig einordnen, wo gerade erst entsprechende Fachliteratur erschien, die oft auch noch falsch war? Oder hat sie den Erwerber auf eine andere Weise interessiert? Hat ihn der kontemplative Ausdruck des Gesichtes in seinen Bann gezogen? Die in Meditation halbgeschlossenen Augen fasziniert?
Die beabsichtigte Wirkung der Figur war zunächst eine andere, eine verlorengegangene Fassung gab ihr eine andere Erscheinung, aber die innere Ausstrahlung war schon immer die gleiche. Fast fällt man selbst in Trance bzw. Meditation, wenn man sich in das Gesicht länger vertieft. Und dann begreift man: nichts lenkt einen davon ab. Kein Gold, kein Edelstein, kein Detail. Es sind nur die notwendigen Attribute zur Erkennung der Figur da: das Gewand, die Kette, ein Gürtel, ein bisschen Kopfschmuck. Und dieses Gesicht, entrückt, überirdisch schön, harmonisch und ausgeglichen. Friedvoll bietet es sich scheinbar schutzlos an und hat doch so viel Kraft!


Thomas Noack, Geophysiker

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