
© GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig. (Foto: Esther Hoyer)
Fragment eines Altartuches mit Darstellung der Wurzel Jesse
Beteiligte
kein Eintrag
Datierung
2. Hälfte 14. Jahrhundert Ausführung
Geographischer Bezug
Niedersachsen Herstellungsort
Material / Technik
Stickerei auf Leinen mit Leinen- und Seidenfäden
Maße
116,0 cm (Höhe)
170,0 cm (Breite)
Erwerb
Erworben durch Tausch vom Sächsischen Altertumsverein in Dresden, 1923
Inventarnummer
1923.46
Standort
Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 6 Mittelalter: Sakrale Schatzkunst
Objektsystematik
Schlagwortkette
Abendmahl; Altar; Christus; Evangelist; Gotik; Kirche; Kreuz; Kreuztragung; Mittelalter; Rankenwerk; Stickerei; Vogel
Sammlung
Textilien und Mode
Auf weißem Leinen ist mit farbiger Seide sowie mit blauem und gebleichtem Leinengarn die "Wurzel Jesse" dargestellt. Die Stickerei besteht aus versetztem Gobelinstich, Flach-, Stiel- und Klosterstich. Am unteren Rand, ursprünglich in der Mitte des Tuches, liegt der schlafende Jesse, Stammvater der Könige des Alten Testaments. Aus seinem Körper entspringt ein Weinstock. In drei Reihen übereinander wachsen aus dem Stamm zu beiden Seiten Ranken, die sich einst nach rechts und links zu je vier ineinander verschlungenen Medaillons entwickelten. Auf der linken Seite sind heute nur noch die unmittelbar an den Stamm anschließenden Kreisformen erhalten, ein großes Stück des Gewebes ist jedoch zu einem nicht mehr zu bestimmenden Zeitpunkt verloren gegangen. Die Mitte des Stammes markiert der gekreuzigte Christus, auf der Spitze des Weinstockes befindet sich ein Pelikan mit seinen Jungen. In den am Stamm gelegenen zwei mal drei Kreisen sitzen Propheten auf Thronen und halten Schriftbänder mit ihren Namen in den Händen. Die äußeren drei mal drei Kreise auf der rechten Seite zeigen Szenen aus dem Leben Jesu. In den Kreiszwickeln befinden sich die vier Evangelistensymbole, Fabeltiere und Vögel. Eine Stichbogenarkade bildet den unteren Abschluss. In die Bögen sind Engel und Propheten in Halbfigur eingestellt. Der seitliche und obere Abschluss wird durch eine Blattranke gebildet. Im 12. Jahrhundert war die Zahl der Klöster, besonders der Nonnenklöster, in Deutschland sprunghaft angestiegen. Eine Hauptaufgabe der Nonnen war die Herstellung von Paramenten. Im Mittelalter war Niedersachsen ein Zentrum der klösterlichen Stickerei. Dort wurden die Klöster nach der Reformation in Damenstifte umgewandelt und auch die alten Paramente noch lange im protestantischen Gottesdienst verwendet. So haben sich gerade aus dieser Gegend viele mittelalterliche Stickereien erhalten. (B. Küster)