
© GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig.
Tablett
Beteiligte
Georg Mendelssohn Entwurf und Ausführung
Datierung
1922 oder kurz vorher Ausführung
Geographischer Bezug
Hellerau Ausführungsort
Material / Technik
Messing
Maße
17,0 cm (Breite)
34,0 cm (Länge)
Erwerb
Ankauf, Werkstätte Mendelssohn, Hellerau, 1922.
Inventarnummer
L.S.1922.117
Standort
Aktuell nicht ausgestellt
Schlagwortkette
Mann; Medaillon; Tanz
Sammlung
Kunsthandwerk und Design ab Historismus
Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:
Eine Schale aus Messing – als erstes denke ich an diesen unangenehm stechenden Geruch, wenn man leicht schwitzend das gelbe Metall, mindestens zur Hälfte aus Kupfer mit viel Zink, anfasst. Es kann hässlich anlaufen, braun mit Grünspan, aber auch poliert glänzen wie Gold. Dieses Tablett erlebe ich voller Widersprüche. Die biedere Grundfläche, 34x17 cm, ist die eines Flaschenkürbis, die Oberfläche übervoll dekoriert mit Punzen wie ein Wimmelbild. Bei all den Wiederholungen ist Unruhe drin – der Kunsthandwerker Georg Mendelssohn, der 35jährig diese Schale in seiner Werkstatt in Dresden-Hellerau herstellt, will gar nicht äußerst präzise dekorieren; da hopst schon mal ein Strich etwas schief in ein Muster nebenan; aus Kreisen, flammenartigen V-Formen und umlaufenden Erhebungen. Mendelssohn ist Meister im Schneiden von Punzen. Der Jugendstil ist out, aber nun große Schlichtheit? Diesmal nicht. Die detailliert geprägte Frauenfigur im Kreis wird laufend wiederholt: eine Tänzerin. Der Körper wie eine Getreideähre, sehr in Bewegung; wirklich expressiv, voller Leben! Deutlich Mendelssohns Abkehr von den sorgfältig in Metall ausgearbeiteten floralen Linien des Jugendstils, 25 Jahre zuvor. Um 1922 wird häufiger als vor dem Weltkrieg im Kunsthandwerk Messing verwendet. Mendelssohn ist stolz auf seine Einzelstücke – die meisten seiner Objekte tragen eine eingeprägte Werknummer sowie seinen Namen in von ihm gestalteten Lettern. Bei anderen Tabletts lässt er bei der Gestaltung großzügig freie Räume, unterbrochen nur durch sparsam getriebene Linien - und manchmal mit einer Prise Humor.
Dr. Wolfgang Grützemann, Psychologe