
© GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig. (Foto: Esther Hoyer)
Balustervase
Beteiligte
Gerhard Wolbeer
Datierung
um 1710 Ausführung
Geographischer Bezug
Berlin Herkunft (Allgemein)
Material / Technik
Fayence, Scherben ockerfarben, Glasur weiß, Inglasurbemalung in Kobaltblau
Maße
33,5 cm (Höhe)
14 cm (Durchmesser)
Signatur / Marke
ohne Marke
Erwerb
Erwerbung vor 1896 (alter Bestand)
Inventarnummer
V278
Standort
Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 21 Barock: Chinoiserien
Objektsystematik
Schlagwortkette
Blumendekor; Blüte; Blütendekor; Ornament; Pfau; Vogel
Sammlung
Europäisches Kunsthandwerk (Mittelalter bis Mitte 19. Jh.)
Gerippte und mehrfach eingeschnürte Vase in Balusterform. Hohler, konkav geschweifter Fuß, kugeliger Bauch mit breitem Wulstring (Nodus) und hohem, ausschwingendem Hals.
Die schwer erkennbare Bemalung variiert das Thema Pfau und Vögel in Blütenbüschen: auf Vorder- und Rückseite je ein Pfau auf einem Lochfelsen, dazwischen Dreierbuketts mit „Petersilienblättern“ und fliegendem Vogel. Der Hals trägt das für Berlin eher seltene symmetrische Flügelblattornament nach Delfter Vorbild. Auffallend ist die gefüllte Dreizackborte auf dem Fußprofil.
Nach Hanau (1661) und Frankfurt (1666) ausgewanderte holländische Fayencetöpfer brachten den im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts in den Delfter Werkstätten aufgekommenen Chinastil nach Deutschland. Die künstlerische Nähe zu Delft wird in den Berliner Fayencen besonders deutlich. Hier existierten zwei bedeutende Manufakturen nebeneinander: die von Gerhard Wolbeer und die von Cornelius Funcke. Wolbeers Chinesendekore wie Streublüten, Felsen und Sträucher, Vögel und Chinesen, sind dicht und üppig gestaltet und von einem kräftigen Blauton, der zum Verlaufen neigt. Die oftmals mit Fächern und Schirmen versehenen Chinesen treten fast immer in gleichen Gruppierungen auf: als Teetrinker, Tänzer mit Musikern, sitzend-meditierend oder als stehendes Paar. Bei den Figuren ist eine gewisse Derbheit, besonders der Gesichter, auffallend. Weiterhin sind breite, dichte Spiralborten mit eingebetteten Blüten typisch. Vasensätze, bestehend aus drei, fünf oder sieben Vasen, wurden vorzugsweise auf Schränken oder Kaminen aufgestellt. Diese erste Berliner Fayencemanufaktur wurde bereits 1678 auf Veranlassung von Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von einem Delfter Keramiker in Potsdam eingerichtet. 1683 nach Berlin verlegt, übernahm sie Gerhard Wolbeer 1697. Zwei Jahre später wurde eine zweite Manufaktur von Cornelius Funcke, einem ehemaligen Mitarbeiter Wolbeers, gegründet.