(074) Wandbespannung des Römischen Saals aus Schloss Eythra (Sachsen)

Beteiligte

Künstler des Weimarer Hofes Ausführung
Giovanni Battista Piranesi Vorlage (Stiche)

Datierung

um 1795 Ausführung

Geographischer Bezug

Weimar (?) Ausgabe

Material / Technik

Leimfarben auf Leinwand

Maße

295 cm (Höhe)

Erwerb

1946 aus Schloss Eythra (bei Leipzig) übernommen. Erworben 1998/2007

Inventarnummer

1946.90

Standort

Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 26 Klassizismus: Der Römische Saal aus Schloß Eythra

Objektsystematik

Raumausstattung > Wandbespannung

Schlagwortkette

Antikenrezeption; Tapete

Sammlung

Europäisches Kunsthandwerk (Mittelalter bis Mitte 19. Jh.)

Selten sind gemalte Tapeten des 18. Jahrhunderts so vollständig erhalten geblieben wie die aus Eythra. Jacob Friedemann von Werthern und seine gebildete und kunstsinnige Ehefrau Luise, eine geborene von und zum Stein, ließen Schloss und Park ab Mitte der 1780er Jahre im Sinne der Antikenrezeption umformen. „Der einzige Weg für uns groß … zu werden, ist eine Nachahmung der Alten ...“, hatte der Kunsttheoretiker Johann Joachim Winckelmann geschrieben. Er rief zum Studium der klassischen Antike auf. Doch verband man mit dem Antikenbegriff vor allem eine Antithese zum bisher Zeitgenössischen. So ist es kein Widerspruch, wenn das Schloss gotisierende Fassadenelemente und der Park neben neogotischen, chinoise und antikisierende Bauten und Denkmäler erhielt. Die Bildtapeten basieren auf Blättern von Piranesis Folge „Vedute di Roma“, sie zeigen den Ponte Lugano, die Villa Hadriana, den Aquädukt des Nero, die Grotte der Egeria und den Sybillen-Tempel von Tivoli. Piranesis Verherrlichung der antiken Baukunst entsprach vollkommen der romantischen Kunstgesinnung des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

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Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:

Mit der über mehrere Jahre andauernden Restaurierung ist mir der Römische Saal sehr vertraut und ans Herz gewachsen. Er hat mir in besonderer Weise den Zugang zur Kunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts eröffnet. Der Künstler oder die Künstlerin ist uns bisher nicht bekannt. Auftraggeberin und Initiatorin war Johanna Luise von Werthern (1752–1811). Aus einigen Briefen von Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) 1781 an Charlotte von Stein (1742–1827) erfahren wir etwas über diese Frau, der wir dieses Raumkunstwerk verdanken:
„Die Gräfin hat mir manche neue Begriffe gegeben und alte zusammengerückt. […] sie hat die Welt, sie weiß die Welt zu behandeln […] Sie ist wie Quecksilber, das sich in einem Augenblicke tausendfach teilt und wieder in eine Kugel zusammenläuft […] Sie traktiert mit einer Leichtigkeit und einer anscheinenden Sorglosigkeit, dass man sie für ein Kind halten sollte, das nur auf dem Klaviere, ohne auf die Noten zu sehen, herumruschelt, und doch weiß sie immer was und wem sie spielt. Was in jeder Kunst das Genie ist, hat sie in der Kunst des Lebens […]. Sie kennt den größten Teil vom vornehmen, reichen, schönen, verständigen Europa, teils durch sich, teils durch andere, das Leben, Treiben, Verhältnis so vieler Menschen ist ihr gegenwärtig im höchsten Sinne des Wortes. Es kleidet sie alles, was sie sich von jedem zueignet und was sie jedem gibt tut ihm wohl.“


Antje Hake, Dipl.-Restauratorin, Restaurierung der Wandbespannungen des Römischen Saals 1997–2007

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