(51) Wandbehang mit Szenen aus der Tristansage

Beteiligte

kein Eintrag

Datierung

1539 Ausführung

Geographischer Bezug

Straßburg Herkunft (Allgemein)
Elsass Herstellungsort

Material / Technik

Leinen, Wolle, Seide, Silberlahn; Stickerei auf Leinengrund

Maße

76,0 cm (Höhe)
187,0 cm (Breite)

Erwerb

Erworben im Tausch vom Sächsischen Altertums-Verein Dresden, 1923. Vormals in der Kirche zu Schwarzenberg, Sachsen.

Inventarnummer

1923.51

Standort

Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 4 Spätgotik: Minne

Schlagwortkette

Liebe; Liebespaar; Mittelalter; Ornament; Wandschmuck

Sammlung

Textilien und Mode

Dieses Fragment gehörte ursprünglich zu einem langen Wandbehang, der einen repräsentativen großen Raum schmückte. Ein zweites über vier Meter langes Fragment ist in der Sammlung erhalten (Inv. Nr. 1923.52). Entstanden ist der Behang um 1539 in Straßburg, wie die eingestickte Jahreszahl in der Kartusche auf der linken Seite des Behangs angibt. Nach den vier auf dem Behang gezeigten Wappen elsässischer Familien zu schließen, dürfte er für das Ehepaar Wolfgang von Landsberg und Anna von Uttenheim entstanden sein. Wiederentdeckt wurde er 1883 in der Kirche von Schwarzenberg im Erzgebirge. Wie die Stickerei von Straßburg nach Schwarzenberg gelangte, konnte bisher nicht geklärt werden.
Der Bildfries am unteren Rand des Wandbehanges schildert die tragische Liebe von Tristan und Isolde. Die Geschichte beginnt mit der Heirat von Tristans Eltern und seiner Geburt. Es folgen die ersten Heldentaten des jungen Recken für seinen Onkel, König Marke von Cornwall, und schließlich Tristans Seefahrt nach Irland, um für seinen Onkel um die Hand Isoldes, der Tochter des Königs, anzuhalten. Mit der Rückkehr nach Cornwall endet die Bilderzählung. Die Hochzeit von Isolde und Marke, die Leiden der beiden durch den Liebestrank Verbundenen und ihr tragisches Ende sind nicht dargestellt. Szenenfolge, Anordnung der Wappen und die Gestaltung des Ornamentregisters legen nahe, dass der Behang in der Länge nahezu vollständig erhalten ist. Als Vorlage dienten die Illustrationen der 1498 bei Johann Schönsperger in Augsburg gedruckten Prosafassung des Romans.
Der Dekor in der oberen Zone des Behanges ist von Ornamenten anatolischer Knüpfteppiche abgeleitet, die im 16. Jahrhundert als repräsentative Elemente der Raumausstattung sehr begehrt waren.

---

Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:

Ein Zierteppich hängt im Museum,
ein Handwerksstück komplexer Kunst,
und erzählt bei einer Begehung
gar viele Geschichten für uns.

Er kam auf verschlungenem Wege
vom Elsaß nach Schwarzenberg her,
verschlungen ja so wie die Wege
des Tristan selbst über das Meer.

Isolde, die sollte er rufen,
dem Onkel als Gattin bestimmt,
in Irland, da wollt’ er sie suchen,
und mit ihr nach England geschwind.

Es kam nicht so wie’s kommen sollte,
wie eben das Leben so spielt,
und ohne dass es jemand wollte,
war’n kurz drauf die beiden verliebt.

Vom schlechten Gewissen belastet
so zeigten sie liebend sich nicht,
doch wie er sie eigens erhaschte,
da wurde es dem Onkel Licht.

Aus Großmut ließ er sie gewähren,
das löste die Wirrungen nicht;
bald wurd’ wie das Reifen den Ähren
dem Tristan die Flucht doch zur Pflicht.

Erneut kreuzen sich die Geschichten
des Teppichs und der Sage hie’:
Die Grenzen auf’s Neu’ übertretend
Floh' Tristan in die Normandie.

Dort traf er die andre Isolde,
der Name erinnerte sehr
an seine Isolde zuhause,
mit welcher er fuhr über’s Meer.

Da wurd’ ihm ganz schwerlich zumute
und es geschah einiger Schmerz.
Was ändert es, wer welchen Blutes?
So fragte sein brechendes Herz.

So wie die Geschichte der Sage
ist auch die des Webstücks selbst bunt.
Die Reise von Frankreich nach Sachsen,
die tut uns das Kunstwerk nicht kund.

Und was also sollen wir schließen
aus dieser doch wirren Geschicht’?
Es sind Kunst und Menschen, die blieben:
Nationsgrenzen bedeuten nichts.


Maike Tress, Institut français Leipzig

Ähnliche Objekte

8b6e2927-df20-426e-870c-683d9026b1bc Liebe; Liebespaar; Mittelalter; Ornament; Wandschmuck Textilien, Gewebe/Teppiche/Behang/Wandbehang Textilien und Mode kein Eintrag 1519 1559