Johann Adam Reinhold
Taschenuhr mit Fortuna und Apollo
um 1780
Friedrich Gottlob Hoffmann
um 1795 Ausführung
Leipzig Ausführungsort
Blindholz: Fichte, Kiefer; Schübe: Linde, Kirsche; Furnier: Mahagoni, Ahorn, z.T. gebeizt; Einl.: polychr. Malerei, Öl auf Eisenbl.; Tympanon: Medaillon Wedgwoodporz.; Schreibpl.: Filz; Beschl.: Gelbguss, Messingbl., gedrückt, z.T. feuervergoldet
185,0 cm (Höhe)
61,5 cm (Tiefe)
111,0 cm (Breite)
ohne Bezeichnung
Dauerleihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung, München, seit 2006
2006.19 (LN)
Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 27 Klassizismus: Antikenrezeption
Akanthus; Antike; Antikenrezeption; Klassizismus; Lackkunst; Leipzig; Mythologie
Die Messe- und Buchstadt Leipzig bot dem Kunsttischler Friedrich Gottlob Hoffmann, und mit seiner bis zu 42 Mitarbeiter umfassenden Manufaktur auch erfolgreichen Unternehmer, gute Voraussetzungen, 1789 den ersten deutschen Versandkatalog für Möbel herauszugeben. 1795 erschien ein neues Verzeichnis mit der Abbildung eines „Büreau mit feinen lakirten englischen Platten“, welches nahezu vollständig mit dem hier gezeigten identisch ist. Vermutlich gehörte dieses edel ausgeführte und reich dekorierte Möbel zu jenen das ganze Jahr über in seinem „Magazin“ in Reichels Garten ausgestellten Stücken.
An der Front und den Seiten des Möbels sind sechs in Lackmalerei ausgeführte Tafeln angebracht. Als Vorlage dienten vier Grafiken von Francesco Bartolozzi und Giovanni Battista Cipriani. Bartolozzi und Cipriani stammten beide aus Italien und waren gemeinsam in London tätig, unter anderem an der Royal Academy of Arts. Die als Kupferstich und Radierung ausgeführten Grafiken wurden erstmals in London publiziert. Am Sekretär wurden die Tafeln ganz oder teilweise als Vorlage verwendet.
Bei vergleichbaren Schreibschränken wurden die Malereien häufig in der Art von blau-weißer Jasperware gestaltet.
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Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:
Als eher rationaler Typ interessiere ich mich besonders für Objekte, in denen interessante Technik mit guter Gestaltung eine Einheit bilden. Dabei ist es mir stets wichtig zu erfahren, wie Dinge entstehen und wessen gestalterische Handschrift sie tragen. Meine besondere Aufmerksamkeit genießt der Schreibschrank des Leipziger Möbeltischlers Friedrich Gottlob Hoffmann (1741–1806) mit der Inventarnummer 2006.19. Nicht umsonst wird er in einem Ausstellungsteil im offenen Verbund zu einem der schönsten Räume des Hauses gezeigt, dem Römischen Saal aus Schloss Eythra. Der dem Klassizismus gewidmete Bereich in der Dauerausstellung veranschaulicht Wege der Antikenrezeption. Friedrich Gottlob Hoffmann machte sich den Zeitgeschmack, kombiniert mit seinem ausgeprägten unternehmerischen Gespür zunutze, indem er sich als Kunsttischler in seiner Manufaktur bereits Methoden industrieller Herstellung annäherte. So war er in der Lage, den ersten deutschen Versandkatalog für Möbel herauszugeben. In einer herausragenden Sonderausstellung in den Jahren 2014 und 2015 konnte ich meine Kenntnisse über Friedrich Gottlob Hoffmann vertiefen. Da ich nach der politischen Wende in Deutschland selbst Höhen und Tiefen eines Unternehmers erleben durfte, imponiert mir an ihm seine Weitsicht, seine Risikobereitschaft und sein Ringen um zeitgemäße, gute Gestaltung. In der Sonderausstellung wurde die Akribie in seiner Arbeitsweise besonders eindrucksvoll herausgestellt. Das bestätigte mich in meinen eigenen Vorstellungen über soliden Unternehmergeist, ohne den wir uns heute nicht unseres hohen Lebensniveaus erfreuen könnten.
Günther Gromke, Vorsitzender Freundeskreis GRASSI Museum für Angewandte Kunst e. V.
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