
(033) Sogenannter Vaphiobecher (Galvanoplastische Nachbildung nach dem kretischen Original im Nationalmuseum Athen)
Beteiligte
Emile Gilliéron Anfertigung Kopie vom Original
Württembergische Metallwarenfabrik AG (WMF) Ausführung
Datierung
um 1906 Ausführung
Geographischer Bezug
Athen Entwurfsort
Geislingen Ausführungsort
Material / Technik
Kupfer, vergoldet
Maße
8,2 cm (Höhe)
7,5 cm (Tiefe)
13,3 cm (Breite)
10 cm (Durchmesser)
Erwerb
Ankauf von der Galvanoplastischen Kunstanstalt, Geislingen, 1906.
Inventarnummer
1906.62
Standort
Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 30 Historismus
Objektsystematik
Hausrat > Trinkgefäß > Becher
Schlagwortkette
Baum; Becher; Kampf; Palme; Stier
Sammlung
Kunsthandwerk und Design ab Historismus
Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:
Der Becher ist die Kopie eines antiken griechischen Originals, eines hochrangigen Kunstwerks, das als Teil eines Becherpaars im Attischen Nationalmuseum steht. Das Original ist in einer Museumssammlung zu finden, an einem besonderen Ort also, der es dem zerstörerischen Wirken der Zeit enthebt und zugleich zeitgeschichtlichen verortet. Beides gehört zusammen. Als Museumsobjekt dem Verfall dank Technik und Restaurationsabteilung entzogen, inventarisiert, und als Bild und Text in den kulturgeschichtlichen Kanon aufgenommen: Das ist der Königsweg eines Kunstwerks in die museale Dauer. Wandert aber eine Kopie ins Museum, ist der Weg ein anderer. Der Becher der GRASSI Sammlung wurde wahrscheinlich 1906 als Anschauungsobjekt angekauft und gelangte so in die Sammlung. 112 Jahre später, nämlich 2018, wurde wieder eine Kopie, nämlich beide Vaphio-Becher, wegen der „außergewöhnlichen goldschmiedischen Qualität“ für die Vorbildersammlung des Museums im Prediger (Schwäbisch-Gmünd) erworben. In diesem Zeitraum hat sich das GRASSI Museum für Angewandte Kunst von der „Vorbildersammlung“ zum Kunstmuseum gewandelt. Würde man den Becher zum Kunstwerk erklären, wäre für diesen der Bogen geschlossen. Falls nicht, bleibt der Becher ein wichtiges kulturhistorisches Artefakt. Er verweist auf die Spannung von Kopie und Original sowie auf den Komplex von Vorbild und Wunsch nach Tradition in einer industriell geprägten Welt.
Robert Wissmath, 68, Künstler