© GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig. (Foto: Felix Bielmeier)
Halsschmuck
Beteiligte
Georg Dobler Ausführung
Datierung
1997 Ausführung
Geographischer Bezug
Berlin Ausführungsort
Material / Technik
925er Silber, mit Schwefelleber geschwärzt; brasil. Auquamarin
Maße
Anhänger 7,5 x 4,3 x 1,6 cm (HxBxT)
doppelt 34,5 cm (Länge)
Erwerb
Ankauf von Georg Dobler, Berlin, anläßlich der Grassimesse 1998
Inventarnummer
1998.241
Standort
Aktuell nicht ausgestellt
Schlagwortkette
Grassimesse; Schmuck
Sammlung
Kunsthandwerk und Design ab Historismus
Ein Anhänger ist ein Anhänger ist ein Anhänger – und er ist weit mehr, sobald er in einen Werkkomplex eingebettet ist. Dann wird er ein Bestandteil einer in die Geschichte weit ausgreifenden Gegenstandklasse und wie in diesem Fall, auch der einer Künstlerbiographie, die wie bei Georg Dobler eine lange Auseinandersetzung mit verschiedenen Formsprachen durchzieht: Ein Gestalter, der konstruktiv arbeitete, sich mit der Formsprache entsprechender Malerpersönlichkeiten auseinandersetzte und verschiedene Anregungen in den gestalteten Schmuck übertrug und auslotete. Um neue ästhetische Aspekte zu erschließen, begann er mit (erstmals in der Renaissance praktizierten) Naturabgüssen zu experimentieren, die er zu Figuration mit Steinen erweiterte und mit klassischen Sujets und Schmuckmaterialien kombiniert. Ein spielerischer Einsatz von historisch anmutenden Mitteln, als Konzept eingebettet in einen zeitgenössischen Kontext. Auch der Anhänger mit Kette ist ein solches Formzitat der Schmuck- und Handwerksgeschichte, bei dem der Stein zusammen mit dem Edelmetall als formale Einheit und als Mittelpunkt des Ensembles auftritt. Die Fassung hält den Stein, die Kette ermöglicht es, Stein und Fassung um den Hals zu tragen. Bei diesem Typ Schmuck sind Fassung und Kette häufig die wesentlichen Gestaltungselemente.
Beim sogenannten „Juwelenschmuck“ ist der hochwertige „Edelstein“ die eigentliche Quelle der Wertschöpfung: Mit ihm werden die ökonomischen Gewinne realisiert. Sie entstehen überwiegend durch Handel, Kauf und Verkauf. Gewinne entstehen ebenfalls bei öffentlich getragen kostbaren Steinen über mögliche Distinktionsgewinne der Träger:Innen. Insofern ist der Schmuckstein in ein Wertsystem integriert, das zum Teil auf quantitative Aspekte (Gewicht und Größe, Reinheit, Mineral, Vorkommen) wie auch auf ästhetische (Farbe, Form, Schliff etc.) oder ökonomisch/soziale (Wert, Seltenheit, Preis, Differenzierung etc.) abhebt. Künstlerischer Schmuck ergänzt diese Systeme um einen kreativen Wert, der sich aus dem Umgang und der Verschiebung bestehenden Perspektiven ergeben kann. So wie in diesem Fall, in dem der Künstler die bestehenden schmückenden Konzepte nicht revolutionär antastet, sondern behutsam verändert, die Schönheit des Steines als seltenes Naturprodukt sowie die Kultur der Juwelenfassung und Kettengliederung jedoch belässt. Dies geschieht allerdings mit einer Wertverschiebung weg vom Materialwert eines idealfarbigen und reinen Aquamarin hin zum ästhetischen Wert des in Silber gefassten übergroßen Steins mit Einschlüssen, der diese Attribute des „Kostbaren“ verweigert.
Robert Wissmath