
(036) Großer Teller mit der Darstellung Alexanders vor Diogenes
Beteiligte
Fontana-Werkstatt
Datierung
um 1560/1565 Ausführung
Geographischer Bezug
Urbino Herstellungsort
Material / Technik
Majolika, polychrome Bemalung
Maße
44,1 cm (Durchmesser)
4,9 cm (Höhe)
Signatur / Marke
ohne Bezeichnung
Erwerb
Schenkung der Gesellschaft der Freunde des Kunstgewerbemuseums Leipzig, 1909
Inventarnummer
1909.230
Standort
Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 7 Renaissance: Italien
Objektsystematik
Schlagwortkette
Antikenrezeption; Delphin; Fabeltier; Girlande; Groteske; Vogel
Sammlung
Europäisches Kunsthandwerk (Mittelalter bis Mitte 19. Jh.)
Dieser großformatige Teller ist ein hervorragendes Zeugnis für die italienische Majolika-Malerei in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Bemalung bildet eine Mischform aus der älteren Historienmalerei, dem sogenannten Istoriati-Stil, und der neu aufgekommenen Groteskenmalerei. Im Zentrum des Spiegels sehen wir eine von Plutarch überlieferte Szene aus dem Alexander-Zyklus: Alexander vor Diogenes. Diese Darstellung ist von Grotesken umgeben, die sich u. a. aus fein gemalten Fabelwesen, Vögeln, Delfinen und anderen Motiven zusammensetzen. Vergleichbare Figuren, durch Ketten und Girlanden miteinander verbunden, hatte bereits Raffael nach Vorbildern der römischen Antike für die Loggien des Vatikans entworfen. Doch erst 40 Jahre später folgten Majolika-Maler diesem Beispiel, anscheinend zuerst in Urbino. Anfangs wurden die neuartigen Dekore nur auf der Fahne der Teller angebracht, erst später verzierte man auch die ganze Oberfläche dieser Keramiken. Die Fontana-Werkstatt in Urbino erhielt durch Herzog Guidabaldo II. della Rovere zahlreiche Aufträge. Die meisten Majoliken wurden schon in ihrer Entstehungszeit als kunstvolles und luxuriöses Gut geschätzt, das der Repräsentation diente.
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Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:
Ein Objekt erzählt:
„Ich bin ein Prunkstück! Ein Meister hat mich geschaffen. Es war ein Auftrag. Von wem, daran kann ich mich mit meinen mehr als 450 Jahren nicht mehr erinnern. Ich weiß aber, dass ich mit feiner Erde aus Urbino/Italien gefertigt wurde. Ich habe einen besonderen Glanz.
Vor 115 Jahren kam ich als Schenkung ins Museum. Heute bin ich Teil der Dauerausstellung und dankbar, denn die Menschen haben mich über die Jahrhunderte achtsam behandelt und in den vielen Kriegen, die ich erlebte, vor Zerstörung bewahrt. Wenn die Besucher vor mir stehen und mich betrachten, möchte ich stets rufen, schaut genau hin! Meine Bemalung ist teils mystisch, es wird aber auch eine Geschichte erzählt.
Alexander der Große (356–323 v. Chr.) und Diogenes von Sinope (?–323 v. Chr.) treffen aufeinander, begegnen sich mit Respekt und Alexander ist von der Genügsamkeit seines Gegenübers beeindruckt. Denn nach einem Wunsch gefragt, hatte Diogenes lediglich geantwortet „Geh mir jetzt ein wenig aus der Sonne.“ Dass du mit dem, was du hast, zufrieden bist, war schon vor über 2.000 Jahren ein Thema.
Ich erzähle gerne meine Geschichte, bin ich doch ein Nachweis der handwerklichen und der geistigen Meisterschaft von euch Menschen.“
Susanne Kucharski-Huniat, Leiterin des Kulturamtes der Stadt Leipzig von 1994 bis 2019