Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:

Ich webe mich in den Garten
Buche unter meinen Sohlen
Ähren in den Fingern
Ich webe mich in den Garten
Meine Brüste in die Blüten
und Regen in die Wimpern;
Ich webe mich in den Garten
Faden über Faden unter Faden
Knote mich zwischen Zaunlatten
Und sinke in den Boden:

I
Grabe die Zehen in die Erde (metertief),
Kiesel bohren meine Haut und
Samtweicher Schlamm färbt mich in Kastanie.
II Stecke bis zum Hals in Jasmin,
Auf den Lippen Blütenblätter -
Ich werde grün und weiß und bittersüß.

III
Könnte ich Gräser bestimmen,
Wäre ich eins von ihnen:
Rau auf den Unterarmen,
Flüsternd in tausend Ohren.

IV
Um meine Schenkel Bohnenranken,
Dann zuckersüße Schoten zwischen den Zähnen
Und nie mehr loslassen.

V
Manchmal rieche ich Sommerregen,
Schwaden um die Knöchel,
Mücken tanzen und fressen mein Herz.
Ich webe mich in den Garten
An Millionen Haaren aufgespannt
Begegne ich dem Mittagswind;
Ich webe mich in den Garten
Werde zu Borke
Bis jeder Muskel verholzt.


Anna Vriede, 20, Medizinstudentin