Königliche Porzellan-Manufaktur Meissen (1710 - 1918)
Teller mit Karo-Muster und Chinoiserien
um 1735/1740
Unbekannt
um 1720/1730 Ausführung
Dresden(?), Sachsen Ausgabe
Farbloses Glas, geschnitten, geschliffen
36,2 cm (Höhe)
12,8 cm (Durchmesser)
Schenkung der Gesellschaft der Freunde des Kunstgewerbemuseums Leipzig, 1942, aus Anlass des 80. Geburtstages von Richard Graul.
1942.18 a,b
Ausstellung Antike bis Historismus > Raum 19 Barock: Sachsen
Hausrat > Trinkgefäß > Becher > Pokal > Deckelpokal
Sachsen war durch den Glasschnitt und den Glasschliff schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts ein Zentrum der Glasveredlung. Häufig sind auf Gläsern Porträts, allegorische, mythologische und religiöse Darstellungen, Soldaten- und Jagdszenen und nicht zuletzt Stadtansichten wiedergegeben. Der Pokal zeigt eine fein geschnittene Darstellung von Stieglitzens Hof in Leipzig. Die Straßenfront des Spätrenaissancebaus mit barockem Portal, schmiedeeisernem Oberlichtgitter und Erker ist monumental in die Kuppafläche gesetzt. Die gegenüberliegende Seite zeigt den Innenhof, auf dem zahlreiche Personen, u. a. Offiziere, Damen, Kinder, Sänftenträger und Hunde zu sehen sind. Fässer und Kisten sind auf dem Gehsteig vor den Läden abgestellt. Zwischen Vorder- und Rückansicht flattern sechs kleine Vögel – wohl Stieglitze, die symbolisch den Namen des Hofes andeuten sollen.
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Dieser Text entstand im Rahmen des Museumsjubiläums 2024. Für das Projekt „150 Jahre 150 Objekte“ in der Sammlung Online wurden Leipzigerinnen und Leipziger nach ihrem Blick auf die Sammlung gefragt:
„Es ist mir eine Ehre, liebe Gäste, Sie hier in unserem Anwesen willkommen zu heißen.“ Ich stehe auf dem frisch geölten Parkettboden meines neuen Speisesaals. Die Tafel ist lückenlos gedeckt. Auf goldenen Wagen stapeln sich die erlesensten Speisen und ein Springbrunnen in Nymphengestalt spendet gewürzten Wein. Parfümierte Zahnstocher sorgen für einen frischen Atem und musikalische Darbietungen runden die einzelnen Gänge ab. Mir zu Ehren erhebe ich den Pokal. Ich tauche meine Finger in den Wein, streiche über den Rand der Kuppa und sie beginnt zu klingen, nur für mich. Die Damen unterbrechen ihr Gespräch und recken die Hälse so hoch, dass ihre Frisuren die Decke berühren. Der Pokal indessen singt. Immer lauter. Er ruft meinen Namen und ich spiele weiter. Schneller, immer schneller. Bis der ganze Raum sich dreht. Unbemerkt setze ich mich auf die Kante meines Pokals. Er wackelt, ich rutsche und knalle gegen eine Fassade aus Glas. Langsam schiebe ich mich daran entlang in einen großen Innenhof. Kinder rennen über den Platz. Damen in langen Kleidern nicken mir zu. Händler möchten mir etwas verkaufen, doch ich verstehe ihre Sprache nicht. Sechs kleine Stieglitze flattern dicht über meinem Kopf entlang und ich ducke mich, schaue zum Himmel… eine Kuppel voller Sterne… und frage mich… womit ich uns am besten ertränken könnte… mit einem Glas… Rot- oder Weißwein?
Karla Aslan, DaZ-Lehrerin, Künstlerin
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